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Steuerlatenz

Korrekturgröße des laufenden Steueraufwands einer Periode. Der Terminus „latent“ kommt aus dem Lateinischen und bedeutet soviel wie „versteckt“ oder „verborgen“. Im angelsächsischen Sprachraum spricht man zutreffender von „deferred taxes“, also „aufgeschobenen Steuern“, da es sich um aus handelsrechtlicher Perspektive bereits begründete zukünftige steuerliche Be- und Entlastungen handelt, die aus vorübergehenden Abweichungen zwischen den handelsbilanziellen und steuerlichen Wertansätzen resultieren.

Neben diesen sog. temporären Differenzen können sich zusätzlich latente Steuererträge (Steuerminderungen) aus der Vortragsfähigkeit steuerlicher Verluste ergeben. Nicht berücksichtigt werden sog. permanente Differenzen, d. h. dauerhafte Differenzen, wie z. B. steuerlich nicht abzugsfähige Betriebsausgaben, aus denen keine zukünftigen steuerlichen Be- oder Entlastungen mehr entstehen.

Im Hinblick auf die Erfassung der Differenzen zwischen den steuerlichen und handelsrechtlichen Wertansätzen ist zwischen dem GuV-orientierten Timing-Konzept und dem Bilanz-orientierten Temporary-Konzept zu unterscheiden.

Im Rahmen des BilMoG erfolgte in § 274 HGB ein Wechsel vom Timing- auf das Temporary-Konzept. Danach ist auf die Differenzen der Bilanzposten abzustellen und wie in Abbildung S-14 zu systematisieren.

Aktive Steuerlatenz Passive Steuerlatenz
1. Fall: Vermögen HB < StB 1. Fall: Vermögen HB > StB
2. Fall: Schulden/Rückstellungen HB > StB 2. Fall: Schulden/Rückstellungen HB < StB
→ steuerlich noch abzugsfähige Differenz → noch zu versteuernde Differenz

Abb. S-14: Aktive und passive Steuerlatenz nach dem Temporary-Konzept

 

Eine aktive Steuerlatenz ergibt sich z. B. aus der Ansatzpflicht einer Rückstellung für drohende Verluste gem. § 249 I HGB, während nach § 5 IVa EStG ein Ansatzverbot besteht. Die Differenz wird später steuerlich abzugsfähig, wenn der Verlust tatsächlich eintritt. Eine passive Steuerlatenz entsteht z. B. aus der Höherbewertung von Vermögensgegenständen in der Handels- im Vergleich zur Steuerbilanz.

Die Differenz ist später, z. B. bei Verkauf, noch zu versteuern. In die Berechnung der latenten Steuern gehen gemäß dem Temporary-Konzept auch solche Differenzen zwischen den Bilanzposten ein, die nicht GuV-wirksam entstanden sind, wie z. B. infolge der erfolgsneutralen Neubewertung der sog. Available for Sale → Wertpapiere nach IFRS.

In § 274 HGB wird bestimmt, dass zunächst zu ermitteln ist, ob sich insgesamt, d. h. über alle Bilanzpostendifferenzen hinweg und zuzüglich der aktiven latenten Steuern auf Verlustvorträge, ein sog. Aktiv- oder Passivsaldo ergibt. Für einen verbleibenden Aktivsaldo besteht ein Ansatzwahlrecht, während für einen Passivsaldo eine Ansatzpflicht besteht. Der Ausweis in der Bilanz kann aber auch unsaldiert erfolgen.

In der GuV sind die latenten Steueraufwendungen/-erträge separat innerhalb der Ertragsteuern zu zeigen. Aktive und passive latente Steuern sind nicht abzuzinsen. Nach § 306 HGB sind im Konzernabschluss zusätzlich latente Steuern aus Konsolidierungsvorgängen zu berücksichtigen. Kleine Kapitalgesellschaften und damit auch Kleinstkapitalgesellschaften sowie Nicht-Kapitalgesellschaften fallen nicht in den Anwendungsbereich der latenten Steuern nach § 274 HGB.

Nach IFRS (IAS 12) und US-GAAP besteht sowohl für aktive als auch passive latente Steuern eine Ansatzpflicht. Ferner sind weitaus umfangreichere Erläuterungen im Anhang als nach HGB vorgeschrieben.