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Perfektionismus – Wenn Selbstoptimierung und Leistungsansprüche ungesund werden

Diane Manz
Inhaltsverzeichnis

Was wären wir ohne die Perfektionisten dieser Welt? Wahrscheinlich wären wir nie zum Mond geflogen, es gäbe kein Penicillin und Tesla wäre weder als SI-Einheit für magnetische Flussdichte noch als international erfolgreiches Unternehmen bekannt. Forschung und Entwicklung leben davon, dass Menschen Dinge besser machen wollen und sich nicht mit dem Status Quo zufriedengeben.

Perfektionisten sind Menschen, die hohe Ansprüche an sich selbst und/ oder an andere haben und die an ihre Tätigkeit mit hoher Genauigkeit und Gewissenhaftigkeit herangehen. Technische, medizinische, kulturelle und gesellschaftliche Entwicklung profitieren davon. Die Ausübung verschiedener Berufe wäre undenkbar ohne ein gewisses Maß an Perfektionismus. Würden Sie sich von einem Chirurgen operieren lassen wollen, der nicht den Anspruch hat, die OP gewissenhaft und ohne Fehler durchzuführen? Wohl eher nicht. Und mal ehrlich, wer würde nicht gern alles richtig machen, erfolgreich sein und dafür Anerkennung bekommen?

„Gesunder“ und „ungesunder“ Perfektionismus

Leider ist hier jedoch nicht alles eitel Sonnenschein. Es ist in der heutigen Leistungsgesellschaft schon fast schick, sich als Perfektionisten zu bezeichnen, weil das vermeintlich vermittelt, dass man seine Arbeit überdurchschnittlich gut macht. Verbunden mit dem generellen Trend zur Selbstoptimierung, bei dem die große Frage „Bin ich wirklich die beste Version meiner selbst?“ bereits in einen permanenten Wettbewerb auf sozialen Medien ausartet, steigt der Druck zur Perfektion stetig. Ein „gesunder“ Perfektionist wird hierüber seine Freude an der Herausforderung und seinen mit Optimismus gepaarten Fokus auf den Erfolg nicht verlieren. Er wird weiterhin eine hohe Anstrengungsbereitschaft und hohes Engagement zeigen und seine daraus resultierenden Erfolge gebührend feiern.

Diesem positiven perfektionistischem Streben steht eine Form von „ungesundem“ Perfektionismus gegenüber, die stark von einer negativen Haltung geprägt ist. Die Person hier wird dominiert von der Angst, den eigenen Ansprüchen oder denen von anderen nicht gerecht zu werden, und dem Fokus auf der Vermeidung des Scheiterns. In Kombination mit einem sehr geringen Vertrauen in die eigene Leistung, einer gewissen Blindheit für eigene Erfolge und einer daraus resultierenden permanenten Unsicherheit und Unzufriedenheit entsteht hier ein Nährboden für stressbedingte Erschöpfung und psychische Krankheiten wie z.B. Angststörungen oder Depressionen.

Doch selbst wenn man nicht ernsthaft erkrankt, kann dieser ungesunde Perfektionismus schwerwiegende Konsequenzen haben. An erster Stelle ist er anstrengend und mindert Wohlgefühl und Lebensqualität. Übertriebene Kontrollen führen zu einer schlechten Zeit-Aufwand-Bilanz, Entscheidungen dauern lange und im Zweifelsfall kommen uns andere mit einer guten Idee oder einem Angebot zuvor. Dadurch werden Kreativität und Innovation stark behindert.

Der Handlungsspielraum ist eingeschränkt, Projekte und Aufgaben werden aufgeschoben, da das perfekte Ergebnis unerreichbar erscheint. Es besteht eine Neigung, alles persönlich zu nehmen, konstruktive Kritik wird höchstens als Bescheinigung der eigenen Unfähigkeit gesehen. Lobenden Personen wird die Fähigkeit zur kompetenten Beurteilung abgesprochen, im besten Fall wird der Erfolg als Glückssache interpretiert. Fehlendes Vertrauen in die eigenen Fähigkeiten führt darüber hinaus dazu, Chancen zu verpassen: einen karrierefördernden Jobwechsel, eine verdiente Beförderung, ein spannendes Projekt. Und nicht zuletzt ist die Überforderung vorprogrammiert, wenn man nicht angemessen mit den eigenen Kräften haushaltet.

Ein positiverer Umgang mit den eigenen Stärken und Schwächen

Wo also dem „gesunden“ Perfektionisten das Engelchen auf der Schulter sitzt und flüstert „Was, wenn alles gut wird?“, sitzt auf der Schulter des „ungesunden“ Perfektionisten das Teufelchen und schreit „Was, wenn nicht?“. Wie also kann man diesem Teufelchen Grenzen setzen? 

Hier erste Anregungen:

  1. Seien Sie Ihr eigener Benchmark! Vergleich fördert das Gefühl von Minderwertigkeit. Vergessen Sie das „Mein Haus, mein Auto, mein Boot“- Spiel und suchen Sie sich Vorbilder, die trotz Scheiterns erfolgreich wurden. Und vergessen Sie nicht: Kleine Fehler machen menschlich.
  2. Fokussieren Sie auf Ihre Stärken! Wenn Sie ehrlich zu sich selbst sind, finden Sie sicherlich eine ganze Reihe von Kompetenzen und positiven Eigenschaften, für die Sie von anderen geschätzt werden. Bauen Sie darauf auf. Wenn nötig, bilden Sie sich weiter und vertrauen Sie darauf, dass Wachstum möglich ist.
  3. Nehmen Sie Hilfe an! Niemand ist perfekt und niemand kommt komplett allein zurecht. Hilfe anzunehmen ist ebenso wenig eine Schande, wie gezielt Hilfe zu suchen. Finden Sie Unterstützer, aus dem Freundes- oder Kollegenkreis, in Ihrer Führungskraft oder bei einem professionellen Coach. Das zeugt nicht von Schwäche, sondern von Stärke.

Und haben Sie Geduld mit sich. Es ist nicht leicht, diese Art von Perfektionismus in gesündere Bahnen zu lenken. Aber es ist machbar.

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